Sommerexpedition III: Balkhan-Action!
Deathrace King — 13. February 2009 - 13:34
Gastbeitrag von Deathrace King, die Dritte.
Heute möchte ich mal ein Abenteuer etwas mehr im Detail vorstellen. Hierbei verfolgte ich den Ansatz, Degenesis mal eine "Nummer größer" zu spielen. Im Prinzip ist es ein einfaches Dungeonabenteuer, allerdings vollgepackt mit BANGS und nichtalltäglichen Begegnungen, wie Nanitenzombies und einer echten, lebendigen Schläferin!
Im Voivodat
Abgeschreckt von den gepfählten Leichen am Grenzposten, sucht die Expeditionsgruppe nach einem Umweg um das Herrschaftsgebiet eines grausamen Voivoden herum.
Dabei trifft sie in den Bergen auf einen Bleicher, der von einem hungrigen Bären von seinem Tagesschlaf abgehalten wird.
Nachdem sie den Bären vertrieben haben, nimmt der Bleicher sie ins Vertrauen:
Er ist ein erfahrener Erwecker und plant einen Dispenser der Recombiantion Group gleich hier am Ende des Tales zu öffnen. Das alles verrät er Ihnen, weil er sie in ihren Neoprenanzügen für die Jünger eines Schläferpropheten hält.
In den Bunker
Die Gruppe dringt gemeinsam mit dem Bleicher in den Bunker ein und erforscht die erste Etage. Der erste Raum ist mit einem Panzerschott und einem Fingerabdruckscanner gesichert. Der nächste ist jedoch zugänglich und offenbart sich als Aufenthaltsraum des Sicherheitspersonals. Am Bistrotisch sitzen zwei zusammengesackte Gestalten, die offensichtlich tot aber erstaunlich gut konserviert sind. Die Gruppe findet einen Abschiedsbrief, der verrät, dass sich das Sicherheitspersonal kollektiv erschossen hat, als feststand, dass sie niemals in der Lage sein würden den Bunker aus eigener Kraft zu verlassen. Der Brief erwähnt ein Liebespaar unter den Wachleuten, dass sich geweigert hat in den Tod zu gehen und sich auf der unteren Etage verschanzt hat.
Bei dem Versuch den Leichen die Automatikpistolen zu entringen, die sie immer noch fest umklammert halten fangen diese plötzlich an zu zucken. Eine wimmelnde, kristalline Masse strömt ihnen aus Hemdkragen und Ärmeln und droht auf die Expeditionsteilnehmer überzuspringen.
Dr. Salexis erkennt als Erste die Gefahr: „Entropische Naniten!“. Chaos bricht aus, als die Gruppe versucht, so schnell wie möglich den engen Raum zu verlassen ohne dabei mit den Naniten in Kontakt zu kommen. Die Nanitenzombies folgen der Gruppe mit wankenden Schritten auf den Gang, wo die Spitalier sie mit einem Flammenstoß aus dem Fungizidgewehr empfangen. Doch die extreme Hitze scheint die Aktivität der Naniten nur noch weiter anzustacheln.
Es bleibt nur die Flucht zum Aufzugsschacht, durch den man sich auf die untere Etage abseilt.
Tief im Inneren
In einem Spintraum findet die Gruppe Neoprenanzüge, die der Spitaliervariante recht ähnlich sind, obwohl der Schnitt etwas modischer ist und sie das RG-Emblem auf der Brust zeigen.
Dann stoßen sie in den zentralen Raum der Anlage vor, der von neun sargähnlichen Konstrukten eingenommen wird, von denen ein Wust aus Kabeln und Schläuchen ausgeht. Die gläsernen Deckel der Konstrukte sind allesamt zerschlagen und mit dicken Eispanzern überfrostet.
Als die Gruppe beginnt das Eis abzuschlagen macht sie eine grausame Entdeckung:
Der im Eis eingebettete Leib der Schläferin ist unterhalb des Bauches total zerfleischt – man hat ihr im lebenden Zustand Bein- und Hüftknochen entnommen!
Bevor sich die Gruppe von ihrem Schock erholen kann, wirbelt der fehlende Hüftknochen durch die Luft – in die Form eines Wurfbeiles geschlagen und mit rasiermesserscharfer Schneide bewehrt– und verfehlt Tautropfen nur knapp. Ein zuvor fest verschlossenes Schott springt auf und eine Horde degenerierter Bleicher stürzt in die Kammer – bewaffnet mit Speeren und Wurfwaffen aus Schläferknochen!
Ein blutiger Kampf entbrennt, bei dem die Gruppe zahlreiche Feinde niederringen kann. Doch die Knochenwaffen bohren sich mühelos durch jede Rüstung und so müssen die Charaktere irgendwann den geordneten Rückzug zum Spintraum antreten, der sich von innen verbarrikadieren lässt.
Hippokrat Dr. Chekov ist für einen Moment völlig überwältigt, nicht wegen des brutalen Handgemenges das er gerade überstanden hat, sondern weil seine Vergangenheit ihn einholt.
Er hat seinen Bruder Dima unter den Bleichern erkannt!
Der Erwecker, der die Gruppe her gebracht hat, beginnt seine Maschinenpistole zu laden und faselt von einem Rachefeldzug gegen die „Schänder des Göttlichen“- er will sie tot sehen, alle!
Urplötzlich ertönt ein entsetzlicher Schrei, der von Schmerz ungeahnten Ausmaßes kündet. Der Schrei einer Frau! Ohne lange zu überlegen stürzen die Charaktere zurück in die Schläferkammer, wo sie die Schläferin aufrecht in ihrem eigenen Blut sitzend in ihrem Kryosarg vorfinden. Im Kampfgetümmel wurde der Kühlschlauch ihres Kryosarges abgerissen und sie ist erwacht!
Die Anästhesistin fährt alle Mittel auf, um die Frau zu stabilisieren, der Schrotter, der auf den Pfaden des Urvolkes wandelt, ist völlig aus dem Häuschen und die Richterin, die sich sicher ist, dass es sich hier mal mindestens um eine schwere Körperverletzung handelt geht die Möglichkeiten durch mit denen so ein Verbrechen zu ahnden ist.
Der Erwecker kann den Anblick nicht ertragen und lässt seinem Zorn freien Lauf, indem er die Bleicher wie Vieh durch die Gänge jagt. Der Hippokrat folgt ihm aus Sorge um seinen Bruder und auch die Richterin entschließt sich zum Handeln.
Zwischen der Anästhesistin, Tautropfen und der Schläferin ergibt sich ein interessantes Gespräch über das Leben und das Selbstverständnis der Medizin vor und nach dem Eshaton, während der Hippokrat den Erwecker mit Hilfe der Richterin gerade noch davon abhalten kann seinen Bruder zu töten, indem er ihn erschießt. Doch der Bruder erkennt den Hippokraten nicht und stürzt sich mit einem Knochenspeer auf ihn. Gerade bevor dieser zum tödlichen Stoß ansetzen kann, gelingt es dem Hippokraten, alte Erinnerungen zu beschwören und man fällt sich in die Arme. Die Schläferin bietet an, dass sie mit ihrer Hand das verriegelte Schott in der ersten Etage öffnen kann; weniger weil sie noch Hoffnung hat mit ihrer eigenen Ausrüstung, die sich darin befindet, gerettet zu werden, sondern mehr weil sie damit das Bestreben der Spitalier der Menschheit zu helfen unterstützen will. So transportieren die Charaktere die tödlich verletzte Frau nach oben und müssen sich dabei erneut der Nanitenzombies erwehren.
Aufräumarbeiten
Hierbei stellt sich heraus, dass sich diese mühelos mit einem Knochenspeer der Bleicher inaktivieren lassen– es wirkt so, als ob die Naniten im Inneren des Knochens mit den entropischen Naniten kommunizieren und diese besänftigen würden.
Man öffnet den Panzerraum und nimmt die darin enthaltene Ausrüstung an sich: allerlei medizinisches High-Tech-Equipment, darunter Epidermislappen, die ganz von alleine mit verwundeten Körperstellen verschmelzen können und ein Nanitenbesprecher! Mit dem Nanitenbesprecher könnte man die Naniten der Schläferin neu konfigurieren, diese könnten den Blutverlust ausgleichen, indem sie eine verstärkte Blutbildung im Knochenmark anregen und ihr Leben wäre gerettet! Doch zu früh gefreut, der Besprecher lässt sich nicht einsetzen - der 2^16 Virus hat sich in der Software eingenistet und macht das Gerät vorerst funktionsuntüchtig.
So kann die Gruppe nur noch auf den letzten Wunsch der Schläferin eingehen, noch einmal mit eigenen Augen den Himmel zu sehen.
Unter einem prachtvollen Sternenhimmel haucht sie ihr Leben aus, während Tautropfen ihre Hand hält und ihre letzten Worte über die Bestrebungen des Urvolkes, zu den Sternen vorzustoßen, in sich aufnimmt.
Die Gruppe überlässt die Bleicher ihrem Schicksal, sieht sie doch ein, dass ihr grausames Handeln einen Zweck erfüllte – nämlich den, sicher die erste Etage durchqueren zu können, um irgendwann wieder nach draußen zu gelangen.
Dima begleitet die Gruppe und ermöglicht durch seine Sinne, die vorzüglich an die Dunkelheit angepasst sind, eine heimliche Passage durch das unwirtliche Voivodat.
Inspiration: Die Götterbeinwaffen die im Rahmen der vorab erschienenen Ausrüstungsgegenstände in der Mephisto vorgestellt wurden. Die Idee mit den Nanitenzombies stammt aus einem Abenteuer, dass ich mal mit Heinrich als SL erleben durfte.
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Migration der Kommentare
PiHalbe — 27. August 2009 - 11:48Liest sich wie eine reine
Liest sich wie eine reine Realroad Veranstalltung...
Ich als Spieler
Dasu kann ich als Spieler etwas sagen. Ich hatte an zwei Stellen das Gefühl, etwas gedrängt worden zu sein:
Von diesen beiden Dingen ab, habe ich mich nicht gerailroadet (sagt man so?) gefühlt. Gewiss hatte das Abenteuer sehr eng begrenzte lokale Vorgaben - was ja bei einem Bunker nicht verwundert. Welcher Dungeon lässt einem Spieler schon Sandbox-Freiheiten (die man womöglich gar nicht haben will)?
Klar, die beiden oberen Punkte hätte man noch umschiffen können, aber wir hatten schon einige Entscheidungen, die sich auch auf das Spiel ausgewirkt haben.
Klingt für mich wie Scarlet
Klingt für mich wie Scarlet Citadel auf Endzeit, also cool. Gut finde ich, dass der SL Charaktere welche sich anhand ihres Hintergrunds mit bestimmten Sachen (Naniten, Schläferkammern...) auskennen könnten, auch tatsächlich dieses Wissen zulässt, statt nur alles mit "Magie&Aberglauben bugabuga..." abblockt. Gibt interessante neue Perspektiven für das Spiel.
Eines habe ich jedoch nicht verstanden: wie kann einer der Bleicher der Bruder des Hippokraten sein? Ich dachte immer Bleicher zeichnen sich dadurch aus, dass sie seit *Generationen* von der Außenwelt abgeschottet in Bunkern leben. Hab ich da was verpasst?
Re
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Kurz nochmal zum Railroadingvorwurf. Dass das Abenteuer sich nicht durch absolute Freiheit der Spieler auszeichnet, gebe ich gerne zu.
Die beiden Punkte die PiHalbe nennt waren auch so eingeplant.
Die Geschichte mit den Nanitenzombies war dieses klassische Element: „Um den Dämonen besiegen zu können, braucht ihr zunächst das magische Schwert!“
Das mag vielleicht nicht unbedingt elegant sein, ist aber gerade bei Dungeonabenteuern keine Seltenheit.
Die Unrettbarkeit der Schläferin ergibt sich daraus, dass mir das dann eine Nummer ZU groß geworden wäre. Bei Degenesis zieht man halt nicht mit Schläfern durch die Gegend und man findet auch nicht so nebenbei einen funktionierenden Nanitenbesprecher. Den Nanitenbesprecher zum Einsatz zu bringen wäre Stoff für eine weitere Kampagne und als Plothook für eine solche war das Element auch gedacht. Obwohl das Schicksal der Schläferin gewissermassen besiegelt war, heisst das nicht, dass die Spieler keinen Einfluss nehmen konnten. So gab es zahlreiche Abstufungen zwischen „sie stirbt auf der Stelle“ und „sie überlebt“.
Es war vollkommen unklar, ob es gelingen würde die Frau zu stabilisieren und überhaupt in einen Zustand zu versetzen, dass eine Unterhaltung möglich wäre. Auch, dass die Spieler sie für die Sache der Spitalier gewinnen konnten war einzig und alleine ihrem guten Rollenspiel geschuldet und vorher so nicht geplant. Bei einem weniger taktvollen Auftreten, hätte es genauso sein können, dass die Schläferin die Charaktere für die Leute hält, die ihr so viel Übel zugefügt haben.
Gewissermassen haben die Spieler das Maximum rausgeholt: sie haben unglaublich wertvolle medizinische Ausrüstung geborgen (von denen das meiste sich auch einsetzen lässt!) und mit einem lebenden Urvolkmenschen gesprochen. Wenn das mal nichts ist! Und das haben sie sich hart verdient und alles hätte auch ganz anders laufen können.
@ Alexandro, der Spieler des Hippokraten hatte bei der Charaktererschaffung vorgeschlagen, dass er der Sohn eines Demagogen ist, der als Erwecker ins Spital geschickt wurde (Ein Großteil der Infrastruktur des Spitals basiert ja auf Konzernanlagen die einst von der RG errichtet wurden). Mit der Indoktrinierung durch der Spitalier hat er dann seine Wurzeln vergessen. Sein 5 Jahre älterer Bruder wurde ebenfalls zum Erwecker auserkoren und schon vor ihm hinaus ins Ödland des Balkhans geschickt, um andere Bunker zu erwecken. So kam er in den Szenario-Bunker, in dem er sich niederliess und sich der degenerierten Lebensweise der anderen Bleicher anpasste.
Lust auf Degenesis!
Drak — 15. September 2009 - 13:25Deine Abenteuerbeschreibung macht unglaublich Lust auf Degenesis!
Scheint, ich muss es mir bald mal kaufen :)
(Regelwerke auf Papier sind einfach schöner zu lesen)
PS: Bin durch PiHalbes Post auf die vier Degenesis Beiträge aufmerksam geworden.
@ Drak Warte am besten noch
DeathraceKing (not verified) — 16. September 2009 - 23:45@ Drak
Warte am besten noch ein paar Monate, dann kommt die neue Edition mit rundum erneuertem Regelwerk. Das Katharsys war ja für viele immer der wunde Punkt an Degenesis.
Wenn du vorher schon mal einen Einblick bekommen möchtest schau mal im Download-Bereich von www.degenesis.de, da gibts das GRW der zur Zeit noch aktuellen Edition gratis zum Download!
Schick
TheClone (not verified) — 26. January 2010 - 8:54Sehr schönes Abenteuer, finde ich. Nach allzu viel Railroad klingt es nicht unbedingt, ich weiss ja auch nicht, wieviel weggelassen wurde. Aber die Story ist echt super.