Backwaren der Nacht (EinzelKnaller)
PiHalbe — 4. April 2009 - 18:48
Der schwierigste EinzelKnaller, den ich bisher geleitet* habe. Ein furiose Kombination: Wächter der Nacht mit dem Regelwerk von Burgen & Backwaren (von 1of3). Sollte man meinen. Tatsächlich hat reinecke im Tanelorn schon einen Bericht zu seiner Runde abgeliefert.
Wie kamen wir auf diese Idee? Nun, Wächter der Nacht hatte in unserer derzeitigen ZEK-Umfrage gewonnen und wir brauchten ein Regelwerk dafür. Just zu diesem Zeitpunkt kam die Version 0.6 von B&B und ich fand, dass coole Action, Moral und Übernatürliches ja in der Tat gut zu beidem passten. Also ging es los.
Bei der Vorbereitung des Abenteuers wurde mir allerdings bewusst, dass WdN eher auf Intrigen setzt, denn als auf Action**. Das wollte ich dann auch umsetzen, da es ja vornehmlich Wächter der Nacht sein sollte und die gute Hälfte der Spieler mit den Romanen vertraut war, während zwei Spieler überhaupt keine Ahnung vom Setting hatten. Dazu muss ich sagen, dass ich noch nie eine Intrige geleitet habe und auch nicht so sehr darauf stehe, aber der EinzelKnaller ist ja zum experimentieren da.
Als das Spiel dann begann, stellte ich sofort eine Schwäche von B&B fest: die hohe Einstiegsschwelle. Wo sind die Attribute? Was sollen Ressourcen sein? Warum machen die Fähigkeiten unterschiedliche Dinge in der Spielmechanik und was bringen sie? Uff. Viel zu erklären. Entsprechend spät fingen wir an und schafften es auf Grund vieler Erklärungen auch nicht an einem Abend, so dass wir noch eine Sitzung nachschieben mussten.
B&B verfolgt sehr viele ungewöhnliche Konzepte. Ich persönlich finde diese Konzepte gut, aber nicht jeder Spieler kommt damit klar:
- Freie Fähigkeitswürfe um mit Erfolgen Fakten zu erzählen, wurden vorerst nur auf meine Aufforderung hin getätigt, weil die Spieler sich nicht daran gewöhnten.
- Das Fehlen von Fähigkeiten für den sozialen Bereich wurde sehr kritisch beäugt und vielen waren die Vertiefungswürfe sehr suspekt.
- Die Spieler hatten unglaubliche Angst vor Makeln. Nur ein einziges Mal bin ich bei einer Vertiefung einen losgeworden, wo einer der Nachtwächter handgreiflich gegen einen Tagwächter werden musste, um etwas heraus zu bekommen.
- Verstärkungen wurden bis auf Charisma → Multipel nicht genutzt, da die Spieler sie nur schwer beurteilen konnten.
Das anfängliche Spiel lief dann an sich ganz gut. Natürlich war es schwer für diejenigen, die die Welt nicht kannten. So eine Gruppe mit gemischten Vorwissen werde ich nie wieder leiten. Aber das war vorerst kein Problem.
Problematisch wurde es, als wir den ersten Konflikt begannen. Ich hatte so viel mit dem Management meiner SLCe, deren Fähigkeiten und den Regeln für die Spieler zu tun, dass kaum Freiraum für atmosphärische Beschreibungen blieb und den Spielern ging es genauso. Das hat einige sehr frustriert, während ich das als notwendiges, vorübergehendes Übel sah. Wenn man sich erst einmal mit seinen Möglichkeiten und Regeln vertraut gemacht hat, rückt die Mechanik (wie gegen Ende beobachtet) sehr in den Hintergrund. Leider frustrierte dies einen Spieler so sehr, dass er dem Spiel nichts positives abgewinnen konnte.
Trotz dieser Probleme hat einigen der Spieler das Regelwerk gut bis mäßig gefallen, während andere damit partout nicht klar kamen. Insbesondere der Spieler, der keinen klassischen Hintergrund hatte, sondern von vornherein mit modernen Systemen konfrontiert wurde, fnd sich schnell zurecht. Dazu gehört aber vermutlich auch eine Affinität zu ausgeklügelten Regelwerken, die bei diesem Spieler und mir vorhanden ist, bei den anderen aber nicht.
Ein Problem war leider auch, dass Spieler wider ihren eigenen Willen ihre Fähigkeiten gedehnt hatten, um immer möglichst viele Würfel zu erhalten, selbst wenn der Einsatz mit der Erzählung nur sehr hakelig verbunden war. Sie ärgerten sich im Nachhinein über diese unpassende Dehnung. Allerdings sehe ich nicht, dass es dieses Problem nur bei B&B gibt. Eigentlich alle Spiele mit Fähigkeiten, Attributen, Motiven oder irgendwie benamsten Spielwerten müssen sich dem Problem der Werterheischung stellen. Gemäß dem Motto: "Verführen ist doch auch ne Art von Überreden, oder nicht?"
Fazit: B&B hat mit den Spielern teilweise nicht gut zusammen gepasst und ist sehr aufwändig zu erklären. Ich denke aber, der Aufwand lohnt sich für actionorientierte Helden-Kampagnen. Wächter der Nacht war für mich sehr schwer zu leiten und trotz einiger positiver Stimmen, werde ich von diesem Setting erstmal Abstand nehmen. Bei diesem EinzelKnaller haben wir erstmalig deutlich gesehen, welche Probleme eine Diskrepanz zwischen Spielerwunsch und Zielsetzung des Regelwerks bereitet.
* Geleitert? Gelitten? SLt?
** Nur die Bücher sind ausschlaggebend.
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PiHalbe — 26. August 2009 - 10:29Hey, vielen Dank für den
Hey,
vielen Dank für den mutigen Versuch und den tollen Bericht.
Ich glaube Reinecke hatte den Hintergrund etwas freier interpretiert. Vielleicht hat es dann bessere Passung mit dem Regelwerk gegeben.
Dass es keine sozialen Fähigkeiten gibt, liegt vor allem daran, dass kein Spieler in dem Bereich alles Spotlight ziehen soll. Bei den Action-Szenen kann jeder was beitragen, weil es ganz verschiedene nützliche Fähigkeitstypen gibt.
Wenn es jetzt aber nur eine Art von sozialen Fähigkeiten gibt, würfelt (wenn denn gewürfelt wird) immer nur einer: Der mit dem besten Wert.
Deshalb sind soziale Fähigkeiten irgendwann mal rausgeflogen und alle können das im Grunde gleich gut. Und um da noch eine zusätzliche Abwechslung zu erreichen, kann man Leute mit ähnlicher Philosophie besser manipulieren.
Soziale Fähigekeiten
Wäre es nicht auch möglich, bei sozialer Interaktion ähnlich wie in Actionszenen verscheidene Möglichkeiten zu bieten?
Als klassisches Beispiel sehe ich "Böser Bulle, Guter Bulle", aber auch mit mehreren Charakteren könnten Interaktions-Schemata aufgebaut werden, bei denen jeder seinen Teil beitragen kann.
Das mit dem Werteheischen umgehe ich in meinen Runden meistens mit der einfachen Frage: "Passt das in deine Vorstellung von deinem Charakter?"
Hat bisher fast immer geklappt :)
Ginge schon. Aber die
Ginge schon. Aber die Unterscheidung in "nett" und "nicht nett" wäre auch schon das einzige, was mir da einfiele und sich mechanisch gut unterscheiden ließe. (Die Unterscheidung gibts ja eben auch.)
Das ist aber immer noch ein bischen wenig.
Zusätzlich passt mir das aktuelle System ganz gut, weil die Mente der Fähigkeitspunkte gut hinkommt. Müsste man Soziales auch kaufen, wären die noch weniger.
Daneben wäre das ein Fähigkeitstyp, den SLCs nicht richtig benutzen könne, was zwar akzeptabel aber nicht so richtig schön ist.
Und detztlich ist über die Vertiefungswürfe die Häufigkeit solcher Manipulationen schön selbstregulierend.