Zamonische Erlebnisse IX: Du(e)ll ... Kähähä!
PiHalbe — 26. February 2009 - 11:42
Mit der Fliegwasser kommen unsere vier Helden zügig nach Dull. In der alten Stadt mit den gothisch verschnörkelten, dunklen und hoch aufragenden Gebäuden fühlen sie sich völlig fehl am Platze. Doch es gilt Nachtigaller zu finden, er wird Auskunft geben können, was hier los ist.
Die Suche gestaltet sich schwerer, als befürchtet. Die snobistischen Einwohner im Rüschenkleid mit hochgestelltem Kragen und hochgereckter Nase wollen sich nicht mit Leuten wie ihnen abgeben. "Studentenpack" werden sie genannt. Auch die Taverne stellt sich als nobler Empfang heraus, in dem ein Blutschink im Nadelstreifenanzug unsere Freunde (un)freundlich darauf hinweist, dass es hier eine Kleiderordnung gäbe.
Gerade wollen die vier los, um anständige Kleider zu erwerben, da beschließen sie,einmal in der Universität nachzufragen ... wenn man sie ohnehin als Studenten beschimpft. Nachdem etliche Sekretäre abgeklappert und Formulare ausgefüllt wurden, erteilt ihnen eine langrüsselige Putzkraft Auskunft. "Nachtigaller is' in'n Friedhofssümpfn, 's Friedhofsgas erforschn."
Auf dem Weg nach draußen werden sie abgefangen: Quint und Quart, der Erst- respektive Zweitplatzierte des großen Degenfechtturniers. Ebenfalls Studenten der Gralsunder Universität und Wilhelms erbitterte Feinde. Sie pöbeln Wilhelm an, Quint stehts im Schatten Quarts; solange bis Wilhelm genug hat. Er fordert Quart zum Duell. Echte Kämpfer duellieren sich nicht mit Waffen, sondern mit Worten. Reim Dich oder ich pieks Dich!* Nach einigen Schlagabtauschen kann Wilhelm seinen Gegner in den Staub zwingen. Den Titel hat er zwar nicht, doch den Besten besiegt!
Nun also in die Sümpfe - kein Problem, die Fliegwasser liegt ja noch im Hafen. Lag. Aber es soll da wohl einen Fährmann geben, ist nicht zu verfehlen. Auf dem Weg über die unzähligen Brücken erblickensie von der Ferne noch einmal einen Wechsling, einen hausgroßen, grünen Berg. Es wird Zeit, etwas zu unternehmen!
In einer niedrigen, mit Moos bedeckten Hütte finden sie schließlich den Fährmann. Er ist ein kleines Männlein in dicken Mantel, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Seine krächzende Stimme hat etwas unangenehmes. Aber er ist der einzige, der den Weg durch den Sumpf kennt. Und so legen sie in seinem Kahn ab. Der Weg führt weit durch die Sümpfe, um sie herum nur brackiges Wasser, tote Baumstümpfe, Moose und fremdartiges Getier, während der Fährmann sie durch den Sumpf stakst.
Friedhofsgas ist gefährlich. Es macht einen wahnsinnig, wenn man zu lange dort ist. In großen Blasen blubbert es aus dem klebrigen Sumpfmorast hervor, die wie Eiterblasen zerschmatzen. Nichts kann darin fliegen. "Blööp" hoppelt ein Vögelchen vorbei.
"Nachtigaller, hier muss er sein." So setzt der Fährmann die vier Recken auf einer Insel ab. Dann treibt er davon. Die Insel ist winzig, nicht ein Haus oder eine Spur von Zivilisation zu finden. "Kähähä!" hören sie noch, aus unerreichbarer Ferne. Ein Stollentroll. Die niederträchtigste Kreatur Zamoniens. So geächtet, dass sie noch nicht mal in der Liste der Geächteten Kreaturen Zamoniens und Umgebung aufgenommen wurde.
Die Nacht bricht herein und es hilft nichts als warten. Die Nachtwache wird derweil von einer Trischlange als Zwischenmahl auserkoren. Der gezielte Angriff von drei Köpfen, die von einem Punkt in ihrer Mitte ausgehen, zieht Gompfo hoch in die Baumkronen, bevor sie dem dreiköpfigen und nullschwänzigen Biest den Garaus machen können.
Kurze Zeit später ist wieder etwas zu hören, der Troll ist zurück gekehrt und schmeißt die Habseligkeiten der Gruppe in den Morast! Schnell ist er eingefangen und wird ausgequetscht. "Ähhhhh ... nicht dass Ihr etwas Falsches von mir denkt. Es ist nicht wie es scheint. Ich bin kein Stollentroll ... ich bin Sumpfinspektor ... in geheimer Mission, als Stollentroll verkleidet. Quasi incognito." Wer's glaubt wird selig. Absolute und uneingeschränkte Skepsis ist gefragt, als der kleine Troll um sein Leben plappert. Hin und wieder gelingt es ihm fast, die Helden aufs Glatteis zu führen, aber nur fast. Schließlich haben sie ihn soweit: "Wir wollen uns vor Nachtigaller verstecken. Zeig uns einen Weg, wie wir uns ganz sicher vor ihm verstecken können!" - "Kähähä, klar mach' ich! Vor Nachtigaller verstecken, kähä."
Doch können sie ihm trauen?
Es scheint zunächst so, sie haben ihn wohl wirklich gelinkt. Doch der Sumpf wird immer dichter, fette Nebelschwaden legen sich um das Bötchen, zerren daran und legen sich um Gompfos langen Augenstiel. Sind da Gesichter im Nebel? Stimmen? Im Zweilicht der halbtoten Bäume ist nicht viel zu erkennen.
Da plötzlich rammt das kleine Boot etwas. Da schwimmt eine Kiste, etwa 1,60 m lang, breit, schwer, mit je zwei Griffen an der Seite. Gompfo und Wilhelm hieven ihn aus dem Wasser und öffnen den Sarg. Darin liegt Goharia, Yamids Geliebte und Verkehrsopfer eines Rikschadämonen. Ihre graue Gargyllenhaut ist steinhart. Yamid wird übel, die anderen blicken sich um. Da sind noch mehr Särge, dutzende, hunderte. Aus manchen ragen verkümmerte Hände hervor, hohle Augen starren die vier an.
Die Friedhofssümpfe. Über kurz oder lang wird jede Seebestattung hier angetrieben. Welche mysteriösen Strömungen dafür verantwortlich ist, weiß niemand. Und woraus das Friedhofsgas besteht, das hier ausströmt, und was es tut, erforscht Nachtigaller als erster Wagemutiger.
Ein helles Licht! geblendet blicken die vier in zwei große, grell leuchtende Flecken, die gespensterhaft über den treibenden Särgen schweben. Ein unheimliches Brummzischwaberknacksen erfüllt die Luft. Und es kommt näher ...
* Mann setze hier Duelle aus Monkey Island ein, die wir in spontaner Reimomanie improvisierten. Der genaue Wortlaut ist leider verschollen gegangen.
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