Zamonische Erlebnisse IV: Die Wollsturmbucht
PiHalbe — 7. January 2009 - 11:34
Kaum ist die Kahnkahn in die große Flaute geraten, schon passiert etwas merkwürdiges. Cuador, der sonst so freundliche Fhernhache leidet schon länger unter einer Art Anfällen: seine Mundwinkel senken sich und er ist nicht mehr Herr seiner selbst. In diesem Rausch erlegte er einen Blutschink und vermöbelte eine Roggenmume, die an seinen geliebten Roggen wollte. Nun war es wieder so weit: er schnappte sich das Beiboot und die einzigen zwei Paddel und schipperte davon, in Richtung Küste.
Die verbliebenen drei und die Zwerge waren ohne Wind und Paddel dem Ozean hilflos ausgeliefert. Doch zum Glück sind sie in einer großen Bucht gelandet. Einige dicke, wollige Sprafe grasen auf den grünen Hügeln der Küste. Es besteht kaum Gefahr, der Seegang ist nicht so schwer. Eigentlich sogar sehr ruhig. Zu ruhig für ihren Geschmack!
Sie halten Ausschau nach Wolken. So ein bisschen Wetterumschwung wäre ja schon nicht schlecht. Moment, wir sagten ein bisschen! Von jetzt auf gleich bricht ein tosender Sturm über die Kahnkahn und ihre Besatzung her. Der Kahn wird erfasst und in die Höhe geschleudert. Es regnet Bindfäden. Und Taue! Echtes Seil, windgesponnen.
Die Kahnkahn stürzt herab und droht auf einer harten Wellenkante aufzuschlagen. Die drei legen sich in die Wanten und drehen am Rad und schaffen es so, den Sturzkurs der Kahnkahn so umzulenken, dass sie die Kante verfehlt. Statt dessen landen sie in einer tiefen Wellensenke und die Wassermassen drohen, sich über ihnen zu schließen. Nur durch einen engen Wassertunnel können sie heraus kommen. Doch die Seile und Taue beginnen die Kahnkahn immer stärker einzuspinnen. Das Steuerrad lässt sich kaum noch drehen, die Midgardzwerge sind zu Kokons verpuppt. Gompfo beißt mit den weißen Klingen aus der Klingenfabrik, die er als Zähne verwendet, die Seile durch; Wilhelm tut es ihm gleich und Yamid manövriert das Schiff. Sie schaffen es, kurz vor dem Kollaps des Tunnels zu entkommen - Wind haben sie ja jetzt genug.
Ein einzelnes Spraf kommt im hohen Bogen heran geflogen und droht, mit seinen Hörnern den Rumpf zu durchbohren. Doch Yamid kann es im Flug abfangen und sanft an Deck landen. Wusstet ihr, das Sprafe sprechen können? Es bedankt sich und erzählt, dass es sich leider nicht ausreichend festkrallen konnte - eine Kralle am Fuß ist gebrochen. Und es sieht auch gar nicht flauschig aus. Eher nackt und kahl. Ach so, ja, der Sturm ist normal. Aber zum Glück kündigt er sich ja lange vorher durch eine ausgeprägte Flaute an. Die Sprafe der Wollsturmbucht haben sich daran angepasst. Sie werden vom Sturm geschoren während sie im Boden festgekrallt sind und ihre Wolle wird im Flug gesponnen. Daher die Seile und Bindfäden.
Selbige beginnen auch gerade, den Mast der Kahnkahn einzuspinnen. Dazu kommt noch Watte heran geflogen. Es bildet sich ... ein Drachen-Segel! Mitten im Sturm! Mit schneidendem Eifer begeben sich die drei Recken daran, die Verbindungen zu kappen. Doch schon wurde die Kahnkahn empor gezogen und fliegt einige Gnomeshöhen über dem Wasser. Als sie endlich das Segel gelöst haben, kracht der Kahn schwer ächzend und sichtlich mitgenommen (obwohl aus Zwergenstahl!) auf die spiegelglatte Wasseroberfläche. Der Sturm ist vorbei und das Segel senkt sich auf die Besatzung hernieder.
Während die drei Helden noch Sturmwolle einsammeln und zerkleinern (die ist echt stabil gesponnen!), entdecken sie Boote in der Bucht. Mit rotierenden Harken und hoch aufragenden Spindeln tuckern sie über das weiße Wollwasser. Echte Wollfischer. Als sie näher kommen sieht man, dass es sich um Ausgestoßene handelt, die hier ihren Unterhalt verdingen. Menschen. Nackthäuter. Gruselig!
Aber da ist auch eine Siedlung, Nackingen. Nach den Strapazen tut eine Pause ganz gut und ohne vernünftige Besatzung wollen unsere drei Recken eigentlich nicht mehr auf der Kahnkahn verbleiben. In der Taverne erfahren sie mehr. Die Menschen wurden hier vor langer Zeit angespült, als sie Zamonien umrunden wollten. Opfer des Wollsturms. Dann ließen sie sich nieder und begannen mit der Wollfischerei, mit deren Produkten sie jetzt ihre rosa Körper bedecken. Den Zwergen ist das gleich. Wenigstens gibt es hier Bier.
In einem Pulli-Laden werden die Recken von einem angebundenen, total verplüschten Spraf angesprochen. Es wird zu Werbezwecken gefangen gehalten und wurde schon seit Monaten nicht mehr geschoren. Der dicke, flauschige Pelz ist ihm eine Qual - es sehnt sich nach einer ordentlichen Sturmscherung. Doch mit diesen sutrköpfigen Menschen kann man einfach nicht reden. So kehren unsere Freunde des Nachts wieder um es zu befreien und samt seinem Kumpel von der Kahnkahn auf den Hügeln abzusetzen. Einbruch in die Sturmspinnerei (sie kamen durch den großen Windeinlass, der die Häkelmaschinen antreibt).
In der Taverne treffen sie noch einen sehr, sehr alten Mann. Er stellt sich vor als Magellan. Er war der Kapitän der Menschen. Wegen ihm sitzen sie hier fest. Eigentlich sollte das nur ein Provisorium sein, solange bis sie ein neues Schiff hätten, das seetauglich ist. Das sind jetzt schon hundert Jahre! Wenn es nach ihm ginge, wären sie schon längst fort. Auf Eurem Schiff als Kapitän? Warum nicht!
Und was muss Gompfo da sehen? Dieser Mensch hat Bücher. Fast hatte er seinen Hunger schon vergessen, doch jetzt kann er sich nicht mehr halten. Er überredet Magellan, dass er seine Bücher vorlesen darf. Und es ist sogar ein Werk von Gompfos Buchling-Autor Bierglinsch Loch Renelvers dabei, dessen Werke er schon so lange sucht:
Halurasi Piratenschreck und die Fänggen-Insel
Ach ja, früher hatte ich noch mehr Werke - aber ich habe sie verkauft. Jaja, ich hatte viele angeregte intellektuelle Gespräche mit ihm, diesem Wissenschaftler. Wie hieß er noch gleich? ... Prof. Dr. Abdul Nachtigaller.
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