Was ist Rollenspiel?
PiHalbe — 16. March 2009 - 19:38
Tja, was ist Rollenspiel eigentlich? Irgendwie hat man ja ein Gefühl dafür, welche Art von Spielen alle dazu zählen und welche nicht. Und dann gibt es da noch eine unscharfe Grenze und diverse Meinungsverschiedenheiten, zuzüglich Vorlieben und Abneigungen ("Dasunddas ist doch kein Rollenspiel. Das ist Bockmist!").
So weit war es letztens wieder und deswegen habe ich mir auf dem Heimweg ein paar Gedanken dazu gemacht. Zusammen mit ein paar Mitrollos bin ich auf folgendes gekommen.
Im Rollenspiel wird gemeinsam in der Phantasie etwas erlebt. Die Spieler treffen in Verkörperung fremder Personen Entscheidungen.
Darin sind fünf Kriterien (ohne Reihenfolge) eingearbeitet, die uns bisher ausreichend erscheinen.
- Gemeinsamkeit (A)
- Phantasie (B)
- Erlebnis (C)
- Fremdverkörperung (D)
- Entscheidungen (E)
Ich bin mir allerdings noch nicht sicher, ob Phantasie, Erlebnis und Entscheidung eine Redundanz beinhaltet.
Um zu verdeutlichen, warum mir diese Wahl gefällt, ein paar Beispiele:
Spiel | A |
B | C | D | E | Ist? |
DSA, SR, GURPS, Cthulhu, ... | + | + | + | + | + | ja |
Universalis | + | + | ~ | ~ | + | ~ |
Descent: Die Reise ins Dunkel | + | - | - | + | - | nein |
Soloabenteuer | - | + | - | + | - | nein |
Tabletops | + | ~ | + | - | - | nein |
Räuber-&-Gendarm-Derivate | + | + | + | + | - | ~ |
MLwM, Capes, Western City | + | + | + | + | + | ja |
Computer-Rollenspiele | + | - | + | + | ~ | nein |
ARS | + | + | + | + | + | ja |
Psychologisches RSp | + | + | - | + | - | nein |
Natürlich kommt es bei allen Spielen darauf an, wie man sie spielt. So könnte Descent ein Rollenspiel sein, wenn man es nicht als taktisches Figurengeschubse spielt. Aber verschiedene Systeme untestützen verschiedene Spielstile unterschiedlich - system does matter.
Für mich funktioniert diese Einteilung sehr gut. Anhand dieser Kriterien wurden die Spiele so eingeteilt, wie ich sie intuitiv auch einsortiert hätte. Diese fünf Aspekte beinhalten alles, was mir zur Einordnung als Rollenspiel wichtig ist - ganz unabhängig davon, ob mir ein Spiel gefällt oder nicht.
Wenn diese fünf Aspekte tatsächlich ausreichend sind, sollten sie auch eine gute Möglichkeit abgeben, einem Fremden zu erklären, was dieses ominöse Rollenspiel eigentlich ist.
Ich bin - wie gesagt - sehr glücklich mit dieser Einteilung, bin aber für Anregungen und Ergänzungen offen. Also, wenn Ihr Kritik üben wollt: auf geht's!
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PiHalbe — 26. August 2009 - 12:58Interessant, das mal so
Interessant, das mal so aufzurollen, hilft beim Einordnen. Obwohl ich denke, ARS als eigenen Stil aufzufassen, ist schwierig - die ARSer würden wahrscheinlich sagen, dass ARS ja das ursprüngliche klassische Rollenspiel ist. Und dann müsstest du auch andere Spielstile aufnehmen, ich als Freund des "harten Erzählspiels" fühle mich nämlich unbeachtet. Und Railroad-Runden wären dann per Definition kein richtiges Rollenspiel, weil die echten Entscheidungen ja fehlen ;-). Aber du schreibst ja selbst, da lässt sich trefflich drüber streiten...
Bevor ich es vergesse ...
Diesen Beitrag meinte ich mit dem Bezug auf die Gemeinsamkeiten von Rollenspielern in der WotC-Studie, über die Joni / TheClone berichtete.
Übereinstimmend sind:
entsprechend Phantasie respektive Fremdverkörperung. Die anderen Bereiche sind mMn nett, aber nicht essentiell.
Achja, wir sind zwei Leute
Achja, wir sind zwei Leute beim herzlichen Rolloblog, Cloni ist der eine, ich der andere :-).
Definitionsfrage
Wie definierst du "Erlebnis" (und wieso siehst du es bei Soloabenteuern und psycholog. Rollenspiel als nicht existent an)?
Wie definierst du "Entscheidungen" (und wieso siehst du sie bei Descent, Tabletop und psycholog. Rollenspiel als nicht existent an)?
Inwiefern findet beim psychologischen Rollenspiel eine *Fremd*verkörperung statt? Wiederspricht das nicht dem Sinn der Übung?
Wieso siehst du bei Universalis nicht unbedingt Fremdverkörperung, bei Capes aber schon (ich sehe da keinen Unterschied in den Systemen)?
Wieso machst du einen Unterschied zwischen "klassischem Rollenspiel" und "ARS"?
Sicher.
Insbesondere hängt es auch davon ab, wie man die verschiedenen Spiele spielt. Aber einige stützen die Kriterien stärker als andere, wie ich oben schon schrieb.
Zu Deinen Fragen:
Ich hoffe, damit konnte ich Deine Fragen einigermaßen beantworten. Wenn Du noch Anmerkungen hast - ich bin ganz Auge (um mit 1of3 zu sprechen).
Rollenspiel ist ...
... ein einziger, großer Egotrip.
Das meine ich jetzt nicht negativ. Ich will damit auch deine Zusammenfassung keineswegs abwerten. Aber ich glaube sehr vielen Spielern geht es im Rollenspiel um das Erlebnis. Man will mittels seinem Charakter etwas erleben. Und das ist auch gut so. Jeder hat dieses Recht und jeder hat es gleichermassen.
Deine Betrachtungsweise hilft da natürlich schon. Wobei ich keinen Unterschied zwischen ... ähm ... sagen wir nicht-ARS Spiel und ARS-Spiel ziehen würde. Warum auch? Der Fokus liegt etwas anders, aber im Prinzip sollten auch beim ARS alle Elemente vorhanden sein, die du nennst.
Das ARS-"Problem" ...
Wobei ich keinen Unterschied zwischen ... ähm ... sagen wir nicht-ARS Spiel und ARS-Spiel ziehen würde. Warum auch? Der Fokus liegt etwas anders, aber im Prinzip sollten auch beim ARS alle Elemente vorhanden sein, die du nennst.
Hm, letzteres entspricht doch genau meiner Aufstellung, siehe Tabelle. Ich habe es (genau wie Indiespiele) seperat aufgelistet und die Kriterien geprueft. Dabei kam ich zum dem Schluss - wen wundert es - dass alle diese Spiele Rollenspiele im Sinne dieser Definition sind.
Tut mir Leid, dass sich so viele daran stoeren, dass ARS nicht bei den klassischen Rollenspielen steht - was ich damit meine, habe ich oben ja schon erklaert. Es soll weder abwertend noch ausgrenzend sein.
Entsprechend habe ich "klassische Rollenspiele" jetzt in "DSA, SR, GURPS, Cthulhu, ..." umbenannt. Ich hoffe, das macht die Sache klarer.
Klingt passend
Vor allem finde ich es schön, dass du danach schaust, wie es mit verschiedenen Spielarten des Rollenspiels zusammenpasst!