Die Sterne stehen richtigst
PiHalbe — 25. November 2008 - 10:59
Nachwehen von der Spiel 2008. Neben den ganzen Rollenspielen war einer der Hauptgründe für den Besuch auf der Spiel das brandneue „Munchkin Freibeuter“. Darum soll es hier aber nicht gehen. Denn neben dem besagten Spiel erregte beim Stand von Pegasus noch etwas anderes meine Aufmerksamkeit: „Die Sterne stehen richtig“ von Klaus Westerhoff. Der Autor sagte mir persönlich nichts, aber an Hand des Plakats wusste ich direkt, wer hier noch seine Finger im Spiel hatte: François Launet. Wer ihn nicht kennt: Er zeichnet für diverse Horrorrollenspiele, auch für Cthulhu. Und nebenbei betreibt er einen Webcomic: The Unspeakable Vault of Doom (der schon seine eigene Munchkin-Cthulhu-Erweiterung hat).
Und eben die cthulhoiden Figuren aus besagtem Webcomic bevölkerten das Plakat. Eine kurze Testrunde später war das Spiel mein. Als (Quasi-)Neuerscheinung zur Spiel, waren die Vorräte am Pegasus-Stand am Samstag ausverkauft.
Worum es geht
„Die Sterne stehen richtig“ ist ein Kartenspiel für zwei bis vier Spieler. Die Spiellänge ist stark von der Anzahl der Spieler abhängig. Ein Spiel mit meiner Freundin zu zweit dauert vielleicht zwanzig Minuten, ein Vier-Spieler-Spiel geht dann eher schon in die Richtung Stunde. So oder so ist es ein gutes Spiel für Zwischendurch.
Es gibt zwei verschiedene Kartentypen. 25 quadratische Karten stellen das Spielfeld (5x5) dar. Die Karten sind beidseitig bedruckt und müssen zweidimensional gemischt werden – man muss die Karten beim mischen ab und an verdrehen, wenn man gründlich sein will. Die Karten werden in der Mitte des Tisches im Quadrat ausgelegt und zeigen den Sternenhimmel.
Die anderen Karten repräsentieren die ctholhoiden Wesenheiten. Hier wurden geschickt alle Spielfunktionen auf gerade mal einen Satz Karten verteilt, dadurch ist das Spiel sehr einfach zu handhaben. Die Motive der Karten gibt es hier.
Die Spieler sind dunkle Kultisten, im Wettstreit mit einander. Ziel des Spiels ist es, die Sterne am Himmel dergestalt zu beeinflussen, dass man möglichst viele Wesen auf die Erde rufen kann – wozu gegen Ende des Spiels dann auch die mächtigen Großen Alten gehören. Jede Kreatur ist 0, 1, 2 oder 4 Punkte wert und der Spieler, der zuerst 10 Punkte erreicht, gewinnt.
Spielablauf
Im Spiel selbst rufen die Spieler Kreaturen an um den Himmel zu beeinflussen. Dabei gibt es drei Möglichkeiten:
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Umdrehen – man dreht die Rückseite der Sternenkarte nach oben
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Vertauschen – man vertauscht zwei benachbarte Sternenkarten
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Schieben – man verschiebt eine Reihe um einen Platz (vergleiche „Das verrückte Labyrinth“), die überschüssige Karte kommt an den Anfang
Mit Hilfe von bereits beschworenen Wesen können die Aktionen vervielfacht und in einander umgewandelt werden. Auf den Wesen sind jeweils Konstellationen von Sternen abgebildet, die es zu erfüllen gilt. Gibt es die erforderten Sterngebilde auf dem Spielfeld, so kann das Wesen beschworen werden und steht dem Spieler fortan zur Seite.
Dabei gibt es verschiedene Klassen von Wesen, die unterschiedliche Fähigkeiten haben:
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Unabhängige – geben Boni wie mehr Karten auf der Hand oder erlauben es, Wesenheiten mit anderen Spielern (gegen deren Willen) zu tauschen
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Diener – können zur Beschwörung Großer Alter geopfert werden
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Günstling – helfen bei der Beschwörung Großer Alter
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Großer Alter – sehr viele Punkte und großzügige Dienste
Die Wesen sind – abgesehen von Unabhängigen – in die vier großen Pantheons eingeteilt:
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Cthulhu
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Chaugnar
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Tsatso
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Hastur
Die Einteilung beeinflusst das Spiel dadurch, dass Wesen eines Pantheons nur bei der Beschwörung ihres Großen Alten helfen können. Wenn man also einen Großen Alten hat, wird man versuchen, Diener und Günstlinge seines Pantheons zu ziehen (oder von den anderen zu stehlen). Davon ab sind die Pantheons nur in der Art der Sterne unterschiedlich, die in ihren Konstellationen auftauchen.
Erfahrungen
Ich bin total begeistert von dem Spiel. Es lässt sich sehr gut zu zweit spielen; zu dritt ist vermutlich die optimale Besetzung, da es bei vier Spielern schon wieder sehr kniffelig wird. Arbeitet man in einem Zug auf den eigenen Großen Alten zu, kann es schon im nächsten Zug passieren, dass die Sterne vollkommen anders liegen. Geschickt ist, wer hier zwei- oder mehrgleisig fährt und sich viele Optionen offen hält. Durch die Dienste, die genutzt werden können, kann sich gegen Ende des Spiels der gesamte Sternenhimmel innerhalb eines Zuges vollkommen umkrempeln. Ständiges umdenken ist gefragt.
Auch so haben die Spieler alle Hände voll zu tun, nach möglichen Beschwörungen zu schauen – das Spiel bietet so unglaublich viele Möglichkeiten. Ich liebe es, wenn die Spieler anfangen, ihre Karten in der Hand zu drehen und neben das Spielfeld zu halten, um nach passenden Sternen zu suchen.
Dabei ist das Spiel aber absolut komfortabel gehalten und verlängert oder verkompliziert den Ablauf nicht unnötig. Es gibt Übersichtskarten für Spielablauf und die Sternenkarten (mit je Vorder- und Rückseite), auf den Sternenkarten selbst ist die Rückseite in klein aufgedruckt. Die Regeln sind klar und einfach, allein die daraus resultierenden Möglichkeiten machen das Spiel anspruchsvoll. So soll es sein!
Glück spielt natürlich eine Rolle, dennoch kann man viel mit kombinatorischem Denken, Vorstellungsvermögen und vor allem einer Strategie ausgleichen. Das Kartenglück spielt daran gemessen eher eine mindere Rolle.
Die Interaktion der Spieler findet im Wesentlichen darüber statt, dass die anderen einem ständig die Sternenkonstellation vermiesen (durchaus auch absichtlich!) und einem die eigenen Diener um Günstlinge weg tauschen. Das mag nicht sehr viel sein, allerdings ist das Spiel schon so anspruchsvoll genug und die Mitspieler erhöhen den Druck, den eigenen Zug optimal zu nutzen, dienen also durchaus als Ansporn.
Die optische Gestaltung ist gut, die Karten liegen gut in der Hand und zeigen bisher noch keine Abnutzungserscheinungen. Und noch ein kleiner Bonus: Alle Karten wieder in die Schachtel zu bekommen (so dass sie schließt) ist ein eigenes Minispiel. Wenn man das einmal raus hat, gibt es aber keine Probleme. Der Preis von 14 € (auf der Messe) ist absolut in Ordnung.
Fazit
In meinen Augen ein fast perfektes Spiel. Hier wurde an nichts gespart. Ein so durchdachtes wie simples Spielkonzept wurde in ein stimmungsvolles Szenario eingearbeitet und mit ansprechender optischer Gestaltung versehen. Die Spiellänge ist dabei angenehm kurz, das Spiel stellt einem keine Hindernisse in den Weg, auf Regelballast wurde verzichtet und das Spiel ist schnell vollständig erklärt. Gleichzeitig ist das Spiel aber fordernd, es gibt keine eindeutig beste Strategie und man muss ständig umplanen, was mir einen Heidenspaß macht.
Wer also ein kurzes Spiel für kleine Gruppen sucht, Spaß an Tüfteleien hat und sich mit dem Cthulhu-Mythos anfreunden kann, dem kann ich „Die Sterne stehen richtig“ nur wärmstens empfehlen.
Fhtagn!
Bilder: goomi und selbst
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PiHalbe — 4. September 2009 - 10:54Räumliches Denken
Da räumliches Denken für mich eine Qual ist, stellt mich das Spiel vor ganz schöne Herausforderungen. Aber ich bin einverstanden: Es ist sehr durchdacht, wunderschön gemacht und passt zu 100% aufs Thema. Für mich als alten Cthulianer natürlich Pflicht.