Feedback im Rollenspiel
PiHalbe — 7. November 2008 - 11:36
Dies ist eine Antwort auf Feedback geben von ChaosAmSpieltisch.
Feedback ist in allen Teilen des Lebens wichtig, immer dort, wo mehrere Menschen auf einander treffen und mit einander umgehen. Dazu gehören Vorträge, Essen, Anekdoten, Geschenke, Freizeitaktivitäten, etc. Auch das Rollenspiel.
Arten
Feedback kann grundsätzlich auf zwei Arten gegeben werden: implizit und explizit.
implizit: die Spieler hängen im Sofa, Mobiphone klingeln, kritische Blicke, enthusiastisches rumhampeln, mit den Würfeln spielen, Ausrufe der Begeisterung, etc.
explizit: "Veto", Fanmail geben, Nachbesprechung, Wünsche, Action Tokens, etc.
Wenn implizites Feedback ausreichend ist, kann man sich glücklich schätzen, denn viele werden es gar nicht als Kritik irgend einer Form auffassen. Implizites Feedback gibt es in jeder Runde. Viele kleine Hinweise können gesammelt werden, um sich ein Bild von den Vorlieben und Abneigungen des Spielers zu machen. Denn darum geht es ja beim Feedback: Was findet er/sie gut, was schlecht?
Ohne Feedback wird es dem Spielleiter nicht gelingen, dass Abenteuer auf die Spieler anzupassen. Denn die Charaktere der Spieler allein, sind oft nicht aussagekräftig: Ein Spieler kann etwa einen Krieger spielen, weil er dauernd kämpfen und dabei gross auftreten will. Es könnte aber auch sein, dass er das Leben bei Hof sehen will. Dass er sich für andere aufopfern will. Dass er in höfische Intrigen geraten möchte, vielleicht als Spielfigur der Mächte. Und es gibt noch viele andere Möglichkeiten. Dafür gibt es sogar explizites Feedback noch vor Beginn des Spiels: Die Flaggen, auf die Dom ausführlich in seinem Buch Spielleiten eingeht. Doch leider ist für das Feintuning oft noch mehr Feedback notwendig.
Explizites Feedback
Das Problem ist nur oft, dass außer in eingeschworenen Gruppen sich nicht alle Spieler lange genug kennen. Deswegen ist es oft nicht ausreichend, nur auf implizites Feedback zu achten. Ausdrückliche Wünsche müssen her. Unser implizites Feedback können wir nicht beeinflussen, daher gehe ich nur auf explizites Feedback ein.
Nach dem Spiel
Eine für mich gute Variante ist das Feedback nach der Spielrunde. Das kann noch in der Gruppe geschehen oder auch im gemeinsamen Forum der Gruppe oder auf ähnliche Methoden. Viele Spieler drücken sich davor: es ist Arbeit, man muss sich Gedanken machen, man hat Angst, anderen auf die Füße zu treten, etc.
Deswegen schlage ich meinen Spielern ein Feedback light vor:
Ich fand Diesundjenes unnötig, aber dafür war Dasunddas cool.
Man nennt eine Sache, auf die man verzichten könnte (so muss man nicht sagen, dass man etwas doof fand, man könnte es auch einfach überflüssig finden), und eine Sache, die einem gefallen hat. Das bietet schon einmal ein paar Basisinformationen, kann spontan aus dem Bauch gemacht werden und beleidigt niemanden.
Wenn man etwas weiter gehen will, kann man noch folgende Elemente hinzu fügen:
- Grund, warum es unnötig respektive cool war.
- Vorschläge zur zukünftigen Vermeidung des unnötigen / zum zukünftigen Ausbau des coolen.
- Weitere Punkte auf der Liste.
Das könnte dann etwa so aussehen:
Ich fand unsere Gefährten für den Kampf mit dem Hauptmann unnötig, dafür war aber die Szene mit dem Ritt auf dem Drachen cool.
Aber eben auch so:
Ich fand unsere Gefährten für den Kampf mit dem Hauptmann unnötig, sie habenden Kampf nur zäh gemacht. Vielleicht können wir SLCs das nächste mal unter einander aufheben. Dafür war aber die Szene mit dem Ritt auf dem Drachen cool, wir können gerne öfters phantastische Elemente einbauen.
Fanmail-Mechanismen
Eine weitere Möglichkeit sind natürlich die auch bei ChaosAmSpieltisch erwähnten Fanmail-Mechanismen, wo Spieler Alrik dem Spieler Balduin einen spieltechnischen Vorteil gewährt, weil Balduin etwas ins Spiel gebracht hat, was Alrik cool fand. Alrik möchte Balduin ermutigen, so etwas öfter zu machen. Solche Mechanismen finde ich gut, weil sie einem Spieler direkt im Spiel Feedback geben. Dennoch wird dadurch das Spiel nicht unterbrochen.
Das Risiko von Cliquenbildung besteht natürich, aber die wird sich in diesem Fall auch ohne Fanmail ausbilden. Wenn ein Spieler ausgegrenzt wird, dann ist das mit oder ohne Fanmail ein Problem, über das man reden sollte.
Ich sehe auch nicht das Problem von Belchoins Disziplinarmanßnahmen. Schließlich wird ein Spieler nicht immer wieder für die gleiche Aktion Fanmail vergeben, es findet wohl keine Dressur statt (wenn ich das mal so krass bezeichnen darf). Natürlich werden die Spieler dazu animiert, Szenen so zu gestalten, dass andere daran Spaß haben. Das sollte aber selbstverständlich sein. Schließlich geht es um eine Gruppenaktivität und nicht um ein Sammelsorium von Egomanen.
Vetos
Eine dritte Möglichkeit ist die Veto-Regel, mit der Alrik Balduin sagen kann, dass er mit dessen Beschreibung nicht zufrieden ist. ChaosAmSpieltisch spricht sich dagegen aus, weil es im Spiel schnell zu Missverständnissen führen kann. Das sehe ich nicht ganz so.
Eine Veto-Regel hat vor allem passiven Charakter. Sie hört sich erstmal krass an, ist aber in der Regel nur im Hintergrund. Sie zieht ihren Effekt daraus, dass alle Spieler wissen, dass es Vetos gibt. Die Spieler werden dann versuchen, so zu spielen, dass niemand ein Veto gegen ihre Beschreibungen einlegt. Also im wesentlichen so zu spielen, dass die anderen daran Spaß haben.
Andererseits wird ein Spieler nur in den seltensten Fällen zum Veto greifen, eben weil es so drastisch ist. Es ist eine Unterbrechung des Spiels und sollte deswegen ohnehin nur für schwere Fälle genutzt werden. Mit dem Veto werden nicht alltägliche Aktionen geblockt, sondern nur besonders schwere Brüche mit dem gemeinsamen Vorstellungsraum. Meist wird es ohnehin nur ausgesprochen, wenn der Spieler meint, dass die anderen damit auch nicht zufrieden sind, da er sonst als Miesmacher dastehen könnte.
Wenn jemand in Aventurien eine Schwarzpulverwaffe auspackt, ist ein Veto denkbar. Wenn der schwächliche Halbling beschreibt, wie er den schweren Fels über die Klippe stürzt, vermutlich auch.
Dadurch, dass das Veto ein starker Eingriff ist, wird aber den Spielern auch klar, dass sie mit ihrer Beschreibung jemandem auf den Fuß getreten haben. Das Veto ist kein Angriff, sondern eine Verteidigung. Die Verteidigung des Kerns der eigenen Vorstellung.
Vetos haben wir bei uns bisher nur in Unversalis verwendet. Dort war das Konzept aber sehr erfolgreich, neimand hat sich dadurch angegriffen gefühlt, im Gegenteil: es hat uns vor Frustration bewahrt. Bei Universalis ist der Vorteil des Vetos, dass es mit der Spielwährung bezahlt werden muss. Man gibt also etwas Macht im Spiel auf um dafür seine Interessen (oder gemeinsam die der Gruppe) an einer anderen Stelle zu schützen. Das ist irgendwie fair.
Resumée
Ich stehe Feedback also allgemein sehr positiv gegenüber. Als SL versuche ich, auf meine Spieler einzugehen, doch oftmals weiß ich nicht genau, was ihnen fehlt. Dann würde ich mir mehr Information wünschen. Deswegen nutze ich verstärkt verschiedene Formen expliziten Feedbacks. Die Bedürfnisse mögen da von Runde zu Runde verschieden sein, es hängt immer davon ab, wie lange sich die Runde schon kennt, wie sensibel die Mitspieler sind und wie weit sie aus sich heraus und auf die anderen zu gehen.
Da ich oft die Mitspieler neu zusammen stelle, ist Feedback (Flaggen eingeschlossen) für mich unerlässlich.
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