Die Oper & der Sünder — Hinter den Kulissen
PiHalbe — 25. September 2010 - 17:58
Oder: Warum manche Dinge so sind und nicht anders.
Hier kommen ein paar Bemerkungen zu den Deisgn-Ideen, die hinter "Die Oper & der Sünder" stehen.
Konzept
Das Spiel wurde aus dem Begriff "Opernhaus" geboren. Normalerweise erinnert einen "Oper" sofort an "Geiselnahme", aber ich wollte etwas anderes, tiefer gehendes. Als nächstes kam mir der dunkle Teil der Gesellschaft – Bonzen, Heuchelei, soziale Abgehobenheit – in den Sinn. Und mir kam in den Sinn, wie Fiktion welcher Form auch immer in ihrem Konsumenten Denkprozesse auslöst, die letztlich zu Erkenntnis und – schlimmer noch! – Selbsterkenntnis führen können. Schon hatte ich das Konzept: Ein Heuchlerischer Bonze wird durch die Geschehnisse in der Oper zur Selbsterkenntnis geführt oder verlässt angegriffen das Gebäude. Das geht unter die Haut! (dachte ich )
Rollenspiel auf zwei Ebenen
Dies ist erst in Runde 2 der Tanelorn Challenge eingefügt worden. War das Spiel zunächst nur auf einer Ebene Fiktion – der Sünder und die Oper höchstpersönlich – wollte ich den Schein und die Heuchelei noch auf eine weitere Ebene bringen. So werden jetzt die Spieler selbst in das Spiel mit einbezogen. Sie haben sich geälligst wie Opernbonzen zu verhalten, sich zu siezen und in einem aufgesetzten Tonfall mit einander zu sprechen. Die Spieler spielen also Leute, die ein Spiel spielen, in dem etwas passiert.
Und das alles, bevor ich Inception kannte (der den -Traum-im-Traum auch nicht erfunden hat)!
Führt natürlich zu dem Problem, dass – wenn ich ein Beispiel schreibe – ich als Autor Personen erfinde, die dann Figuren darstellen, die ein Spiel spielen in dem sie Charaktere verkörpern. Verwirrung komplett.
Ich denke aber, dass die zwei Ebenen deutlich zum Erlebnis beitragen und das Spiel intensiver machen. Sie zwingen die Spieler dazu, sich selbst in diese aufgesetzte Gesellschaft hinein zu versetzen.
Aufmachung
Im Regelwerk wird der Leser gesiezt und ich versuche hochnäsige Worte zu verwenden. Das Regelwerk ist für Jahrhundertwenden-Operngänger geschrieben. Also auf der ersten Rollenspielebene. Quasi ein in-Game-Dokument (was nur wegen der zwei Ebenen funktioniert). Als kleines Büchlein (Siehe Broschüren-Dokument zum erstellen) ist es gut mitzunehmen und die verwendeten Schriftarten tragen hoffentlich auch zum Ambiente etwas bei. "The King & The Queen font" ist für die Überschriften zuständig, "URW Chancery L" macht weitere Zierschriften und "Free Serif" kümmert sich um den Fließtext.
Regelwerk
Auf der ersten Ebene gibt es da nicht sonderlich viel, außer ein paar Verhaltensregeln: Siezen, Opern-esque Verpflegung, Anerkennung des Sünder-Spielers, Tolerieren und Ermutigen des Singens und Musizierens und natürlich die Kopfbedeckungen und den Dirigierstab als Symbole für die Rolle des Spielers. Die Regeln vermischen hier also Gruppenvertrag, Ambiente und hartes Regelwerk; hoffentlich zum Vorteil von allem.
Auf der anderen Ebene steht als oberstes die Szenen-Struktur. Die vermittelt natürlich gleich wieder, dass man selbst (als Spieler) in einer Aufführung mitmacht. Das Spiel ist Spielleiter-los um die Gewalten breiter zu verteilen. Hier sollen wirklich alle kreativ am Prozess beteiligt sein, keiner der sich einfach mitschleppen lässt oder das Spiel in der Hand hat. Die Rollen werden dann auch gleich explizit aufgeteilt, nach "Setting", "Stimmung" und "Logik" unterteilt. Mal sehen, wie das fuktioniert …
Auf der reinen Mechanik-Ebene geht es recht simpel zu. Ein einfaches Würfelsystem, dass W8 verwendet (die passen besser und verdeutlichen die Borniertheit der Personen). Die Oper kann versuchen, den Sünder stärker und stärker zum Nachdenken zu zwingen, aber wenn sie es übertreibt riskiert sie, alles zu verlieren. Der SÜnder kann quasi "kippen", wenn man ihn zu weit drängt. Außerdem kann man neben indirekten Anspielungen auf die Sünde auch direkte Anspielungen wagen – den Schocker, der quasi ein "Alles-oder-Nichts" event ist. Ganz am Ende (oder nach einem Schocker) wird dann abgerechnet: wird der Sünder geläutert und bekennt sich zur Sünde? Wird er brüskiert das Opernhaus verlassen? Was hat er von der Vorführung mitgenommen und was geht in ihm vor?
Die Staffage dient dazu, etwas mehr das oft opulente Bühnenbild von Opern und dessen Aussage in den Vordergrund zu rücken. Und Dirigent und Solo sollten natürlich den musikalischen Anteil nochmal stärker belohnen. Außerdem bietet das Solo eine Entschädigung für die Abschätzigkeit – ein weiches Veto – des Sünders.
Ein paar feste Phrasen und ungewöhnliche Abwicklungen kitten die Mechanik und das Setting zusammen; hoffentlich in effektvoller Weise.
Fini
So, damit bin ich mit der Erörterung zum Thema "Die Oper & der Sünder" auch so ziemlich durch. Wenn Ihr noch Fragen habt oder etwas unklar ist, dann fragt mich bitte! Ich freue mich über Kommentare und Kritik.
Derzeit arbeite ich noch etwas an einer leicht verbesserten Version, die vielleicht noch klarer und übersichtlicher ist.
PS: Eine kleine Anmerkung noch. Ich habe nichts gegen die Oper oder gegen Leute, welche die Oper besuchen – mache ich ja selber dann und wann – sondern beziehe mich hier auf ein krasses Klischee. Das gar nicht so weit von der Realität entfernt ist.
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