Rezension: John Sinclair: Der Erbe des Templers
PiHalbe — 15. December 2010 - 23:20
John Sinclair: Der Erbe des Templers
Rollenspielbuch
Ulisses Spiele, 2010
Autoren: André Wiesler, Markus Plötz u.a.
Eckdaten: Deutsch, 23 × 17 cm², 280 Seiten, Vollfarb, Hochglanz, Hardcover
Preis: € 24,95 → Amazon (PartnerNet)
ISBN: 978-3-86889-027-3
- zwei sehr abwechslungsreiche Abenteuer
- ein eher altbekanntes Abenteuer
- interessante neue Regeln
- neue Ausrüstung und Eigenschaften
- sehr umfangreich
- top aufbereitet
- mäßiges Lektorat
Nun kommt sie endlich: Die Rezension zu Der Erbe des Templers, dem dritten Band der John-Sinclair-Abenteuerspiel-Reihe.
Fazit
Der Erbe des Templers ist wieder mal vordergründig ein Abenteuer-Buch. Die neuen Regeln integrieren sich gut mit dem Spiel als solchem und den neuen Abenteuern insbesondere. Die Abenteuer bringen einiges an Abwechslung, aber auch allzu bekanntes wird man ab und an sehen. Gegenüber dem Vorgänger hat der Umfang deutlich zugelegt und eine Spielgruppe wird sicher viele Abende Freude an dem Band haben. Bleibt nur noch abzuwarten, wie es denn im vierten Teil der Reihe weiter gehen wird …
Gesamteindruck
Das Buch ist wieder mal super verarbeitet. Die Illustrationen sind bis auf die Portraits (zwecks Wiedererkennung) fast alle neu. Das Layout wurde ein wenig überarbeitet um dem doch recht umfangreichen Werk mehr Spielraum zu geben. So fällt die Seitenleiste nun teilweise auf ganzen oder angebrochenen Seiten weg. Das wirkt ein kleines bisschen zerstückelt, ist aber im Zuge der Platzersparnis durchaus angemessen. Man hat auch so ein deutlich dickeres Buch, dass für den gleichen Kostenfaktor wie der Vorgänger zu haben ist. Sehr löblich.
Inhaltlich hat man nichts an der Struktur gedreht: Regeln, Ausrüstung, Abenteuer, Ausblick. Die neuen Regeln bringen noch eine ganze Fülle an Optionen mit sich. In diesem Tempo kann das aber sicher nicht lange durchgehalten werden, sonst droht das Spiel unübersichtlich zu werden. Die neuen Optionen für Geisterjäger sind eher bescheiden gehalten und bauen mehr Bekanntes aus, als dass es wirkliche Neuerungen gäbe. Auch eine Ankopplung an die neuen Regeln fehlt größtenteils. Wieder mal machen die Abenteuer das Herzstück des Buches aus. Hier ist am meisten zu holen. Die Abenteuer können sich sehen lassen und bieten (bis auf das erste) wieder einiges an Abwechslung.
Leider muss ich aber auch diesmal sagen, dass das Lektorat nachlässig war. Und diesmal hat es mich schon ein wenig gestört. Von solchen Kleinigkeiten sollte man sich nicht abschrecken lassen, aber es wäre durchaus zu wünschen, dass beim nächsten Werk mehr Acht auf solche formellen Schwächen gegeben wird. Dafür ist wieder alles am rechten Fleck untergebracht und in Sachen Aufbereitung gibt es echt nichts zu mäkeln. Das Buch ist sofort spielbar.
Kapitel
Regeln und Regelerläuterungen gibt noch einmal ein paar kleine Ausführungen zu Heilung und 1-AP-Dingen. Das Herzstück sind natürlich die neu eingeführten Regeln. Und davon gibt es diesmal eine ganze Reihe: Artefaktzusätze (Verstärkungen für Artefakte), Fachgebiete (Spezialisierungen für Fertigkeiten), Helferkarten (Nicht-Spielercharaktere für die Geisterjäger), Kampfkarten (unvorhersehbare Wendungen und Ereignisse im Kampf), Sonderhandlungen (besondere Ziele, die während eines Kampfes erreicht werden können) und Sonderboni und -mali (temporäre Vor- und Nachteile, die sich ie Geisterjäger erarbeiten). Die Regeln sind eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Linie(n). Kampfkarten geben dem Spiel einen noch deutlicheren Brettspielaspekt, während die Sonderhandlungen und Sonderboni sich mehr mit dem erzählerischen und simulierenden Aspekt beschäftigen. Einige der Regeln sind im Buch nur selten in ihrer Anwendung vertreten (Kampfkarten, Helferkarten), während die allgemeineren wie Boni, Mali und Sonderhandlungen häufig zu finden sind. Auch die Situationskarten aus Ewige Jugend werden wieder aufgegriffen, sind jedoch auch ohne Vorkenntnis einsetzbar. Schön zu sehen, dass die alten Regeln nicht verwaisen.
Ausrüstung und Fähigkeiten ist komplementär zu Ewige Jugend. Bei dem letzen Band fand ich die Bewaffnung eher fad, dafür aber die Ausrüstung spannend; diesmal ist es genau umgekehrt. Während das neue Arsenal durchaus einiges an Abwechslung und echte Neuerungen bringt (Silberpulver, Hostie, …), scheint die Ausrüstung der Feder eines Schuhfetischisten entsprungen zu sein. Mir sei die zynische Bemerkung gestattet: Ich hoffe nicht, dass wir in Zukunft Sims-artige Erweiterungen bekommen, die dann jeweils neue Accessoires aus einem Gebiet bringen. (Ehrlich gesagt finde ich die Idee mit den Schuhen irgendwie witzig, aber muss man darauf den alleinigen Fokus setzen?) Es gibt wieder eine Handvoll verschiedener besonderer Eigenschaften: Extrem Soundso (verstärkt Eigenschaften wie Belesen, Gewinnendes Lächeln, …), Soundso Reserven (Wiederholungswürfel für Attribute), dann noch deri Fachgebiete und eine Verbesserung für Geistliche.
Der Erbe des Templers setzt die Herold-Kampagne fort, wo sie in Ewige Jugend geendet hatte. Es brennt an allen Ecken und Enden und die Geisterjäger müssen sich entscheidne, wo es zuerst hingehen soll. Sie trefefn Mallmann wieder und statten dem Chateau d'Amour einen neuerlichen Besuch ab. Ein Zwischenfall führt sie in die franzöischen Berge. Wiedermal ein Einsames-Dorf-Abenteuer, wenn auch mit einem deutlich anderen Flair als die vorigen. Es geht mal wieder um Bischof John und Artefakte, um Verräter und natürlich um Templer. Die Struktur des Abenteuers ist sehr klassisch und bis auf die Templer, den französischen Anstrich und die Kampfkarten wirkt das alles wie schon mal gesehen.
Schrecken aus dem Nebel ist sicher ein Klassiker der Sinclair-Welt. Es geht um Bestien und um wahnwitzige Forscher, verpackt in ein biederes, ländliches Ambiente. Hier wird es deutlich gruseliger, als in den meisten Abenteuern. Und vielleicht auch ein wenig kritischer. Schön finde ich, dass das Spiel nicht ins reine Monster-Schlachten abdriftet, sondern immer die investigative und menschliche Seite wahrt. Die Situationen geben dem Endkampf noch mal eine ganz besondere und auch skurrile Note. Sehr gelungen.
Bis dass der (schwarze) Tod Euch scheidet bildet den Abschluss dieses Bandes. Es geht nochmal ans Eingemachte. Kultisten und Dämonen tauchen auf, die Geisterjäger bekommen es mit weiteren Herolden zu tun. Es geht um Rache, Macht, Rituale und Terror und schließlich die große Verführung der Massen. Wieder mal ein sehr abwechslungsreiches Abenteuer, dass ein wenig an Krimiserien erinnert – im positiven Sinne. Am Ende geht es noch für eine Runde in eine andere Dimension und man trifft einen alten Bekannten zum ersten Mal.
Der Hintergrund gibt wieder Informationen zu den Akteueren der Kampagne. Eine große Enthüllung (wie im Band Ewige Jugend) oder ein Ausblick auf das Ende der Kampagne bleibt aber im Wesentlichen aus.
Im Anhang gibt es dann die sehr schön gestalteten Handouts. Und hier sieht man wieder, dass sich die Redaktion echt Gedanken zur Nutzbarkeit des Produktes macht. Neben der schönen Schnörkelschrift gibt es alle Handouts nochmal als einfachen Drucktext zum schnellen Erfassen. Das ist echt gut mitgedacht.
Da ich diesen Band noch nicht gespielt habe, erfolgt dieser Eindruck allein auf Grund des Durchlesens.
Dieses Rezensions-Exemplar wurde freundlicher Weise von Ulisses Spiele zur Verfügung gestellt.
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