Rezension: Raumhafen Adamant
PiHalbe — 4. May 2012 - 14:07
Raumhafen Adamant
Rollenspielbuch
Ulisses Spiele, 2010
Autoren: André Wiesler
Eckdaten: Deutsch, 23 × 17 cm², ca. 128 Seiten, Vollfarb, Hochglanz, Taschenbuch
Preis: 19,95€ → Amazon (PartnerNet)
ISBN: 978-3-86889-057-0
- schöner Formfaktor und passende Aufmachung
- Fokus auf Vielfalt, nicht Details
- nettes, eingängiges Regelsystem
- etwas unstrukturiert
- könnte mehr Humor vertragen
- viele Abenteuerideen zum sofortigen Losspielen
Kurz vor der RPC gibt es noch eine Rezension zum kleinen Pick-Action-Rollenspiel von André Wiesler: Raumhafen Adamant (RAD).
Fazit
Raumhafen Adamant ist ein nettes, klassisches Rollenspiel für zwischendurch. Es ist ein schönes Buch, das leider etwas unstrukturiert wirkt. Die Regeln sind eingängig und machen es für eine schnelle, lustige Runde zwischendurch geeignet – auch durch den kleinen Formfaktor sowie einen Text, der mehr durch Vielfalt in Orten, Spezies und Ausrüstung denn durch deren Fülle und Detail glänzt. Leider vermisse ich einen stärker ausgeprägten Humor, der dem Ganzen noch mehr Schwung verleihen könnte. Dafür sind viele Abenteuervorschläge im Buch verteilt, mit denen man direkt ins Spiel starten kann.
Gesamteindruck
Das Buch ist gut verarbeitet und hat eine angenehme Größe um es mal eben schnell für einen kurzweiligen Spielabend zu lesen. Es ist durchweg in Vollfarbe auf Hochglanz-Papier gedruckt und wirkt dadurch sehr edel – obwohl es nicht gebunden ist. Das Layout im Inneren ist funktional und schick, weist aber ab und an kleinere Ausrutscher auf. Das Lektorat hingegen ist sehr gut. Vorsicht! Wer allergisch gegen viele Farben ist, wird hier keinen Spaß haben. Das Innrere ist knallbunt. Ich habe Euch gewarnt.
Der Text ist gut zu lesen und flüssig. Leider finde ich die Strukturierung des Buches nicht besonders gelungen. Nach der anfänglichen Geshcichte gibt es eine lange Durststrecke, bis das Buch darauf eingeht, was die Spielercharaktere denn nun tatsächlich tun werden. Hier hätte ich versucht, den Leser früher für das Spiel an sich – und nicht so sehr für das Setting – zu begeistern. Auch kommen durch die Struktur öfters Regel-Begriffe vor, die erst viele Seiten später in Kontext gebracht werden. Eine weitere Sache, die mich irritiert hat, ist, dass der Text an einigen Stellen versucht, lustig und skurril zu sein; eine klare humoristische Linie lässt sich aber nicht erkennen. Die hätte einem solchen schnellen Fun-Action-Rollenspiel aber sehr gut getan.
Die Regeln sind leicht zu erlernen und bieten ein gewisses Novum. Die Charaktere scheinen in ihrer Mächtigkeit ausbalanciert zu werden. Schön ist, dass es nicht nur körperlichen sondern auch sozialen Kampf gibt und der Fokus so ein wenig vom reinen Ballerspiel weg gelenkt wird und sich die Querelen der verschiedenen Rassen gut abbilden lassen.
Als gelegentlicher Abendfüller ist Raumhafen Adamant damit sicher gut geeignet, wenn man ein klassisches, abenteuergetriebenes System sucht.
Kapitel
Die anfängliche Kurzgeschichte bietet einen kleinen Eindruck darein, was die Welt und besonders die Action in Raumhafen Adamant ausmacht. Die Geschichte ist kurz und zweckmäßig, aber auch nichts besonderes.
Im Editorial erklärt der Autor, wie er sich das Spielgeschehen vorstellt, wie es gemeint ist und wo seine literarische Vorlage liegt.
Der Hintergrund geht dann auf die Prämissen der Welt ein, erklärt die Grenzzeit und das große Kebil-Konsortium und mehr. Es werden die großen Gegebenheiten eingeführt, welche die Gesellschaft bestimmen. Ein nützliches Kapitel, dass einem die Einordnung später erleichtert. Aber leider etwas trocken zu lesen.
Planet und Raumhafen: Adamant beschreibt die Örtlichkeiten auf dem Planeten Adamant – dem Zentrum des Spielgeschehens. Die diversen Reservate, Dschungel und meere werden knapp angerissen, damit man sie als Schuplätze für "Ausflüge" der Spielercharaktere verwenden kann und dem Planeten Charakter einhaucht.
Örtlichkeiten. Dieses Kapitel wird dann deutlich interessanter und bietet zu einer Handvoll spezieller Örtlichkeiten auf Adamant auch gleich Abenteuervorschläge, die zumindest als Inspiration sicher verwendbar sind. Sehr schön!
Die diversen Spezies werden als nächstes erläutert. Im Wesentlichen sind alle vorgestellten humanoid; schade, aber vermutlich um das Spielgeschehen nicht von allzu starken Abwandlungen einschränken zu lassen. Aber die Spezies sind als solche noch hinreichend verschieden – besonders mit ihren Spezialfähigkeiten – dass für jeden etwas halbwegs interessantes dabei sein sollte. Hier wird jeweils auf Beziehungen zu anderen Spezies, Geschichte, Anekdoten, Körpermaße, spezifische Regeln und – jawohl – die Vermehrungsmethode der Spezies eingegangen.
Dann kommen endlich die Regeln. Nachdem man nun schon viel über Modifikatoren und Attribute geredet wurde, kommt jetzt die Einordnung. Allerdings werden hier nur die Regelteile erläutert und nicht, wie sie zusammen gehören. Hier weren auch die Fertigkeiten und Gaben aufgelistet. Die Fertigkeiten sind gut aufgestellt, auch wenn sich der Sinn einiger erst später erschließt. Bei den Gaben, die ebenfalls eine gute Bandbreite allgemeiner und speziesspezifischer solcher bieten – sieht man dann, dass das Regelsystem versucht, mit einfachen, schnellen Mitteln eine Balance der Spielstärke der Charaktere herzustellen. Ob das gelingt, muss natürlich die Praxis zeigen. Ebenso werden hier die PSI-Kräfte aufgelistet, die dem ganzen – genregerecht – noch etwas Jeditum mitgeben.
Die Charaktererschaffung behandelt sehr knapp, wie ein Charakter erschaffen wird. Es folgt ein Teil mit den allgemeinen Regeln für Proben, Konflikte, Schaden und ähnliches. Die Regeln sind schnell und ungewöhnlich mit ihrem Pasch-System und passen gut zu einem schnellen aber klassischen Spiel. Erwähnenswert ist sicher, dass es körperlichen und sozialen Kampf bzw Schaden gibt, die unterschiedliche Stärken und Schwächen der Charaktere aufzeigen, aber ansonsten weitgehend identisch abgehandelt werden. Ein guter Ansatz.
Die Actionregeln gehen dann noch kurz auf den Action-Punkt (eine Art Fate-Point oder SchiP) ein, der immer an den gerade coolsten Charakter (wird ähnlich wie Fan-Mail gehandhabt) geht und auf die Charakterentwicklung, die im WEsentlichen durch Glück und nicht durch Erlebtes bestimmt wird.
Spielleitertipps gibt eine Handvoll Tipps zum Leiten des Spiels mit auf den Weg, die sicherlich sehr brauchbar sind und für den gewünschten Spielstil beherzigt werden sollten. Das Spiel ist auf ein vom Spielleiter geleitetes Abenteuer ausgelegt, dass möglichst bunt, furios und zügig vonstatten gehen soll.
Im Bestiarium findet man dann eine Handvoll generischer Feinde sowie unleidliche Wesenheiten des Planeten Adamant, die jeweils sehr unterschiedlich sind und implizit einige weitere schöne Abenteuerideen bereit stellen. Knapp aber sicher sehr brauchbar.
Das Ausrüstungskapitel geht dann auf die Waffen, Rüstungen und diverse andere Hilfsmittel ein, welche die Charaktere so mit sicher herum schleppen. Interessant und sehr löblich finde ich, dass die Waffe nicht die Höhe sondern nur die besonderen Eigenarten des Schadens bestimmt. Die Höhe ergibt sich allein aus dem Können des Charakters (wenn es sich nicht um einen besonderen Gegenstand handelt). Die Waffen sind dadurch zwar wenige aber sehr abwechslungsreich, weil sie sich nicht nur in Schaden und Reichweite unterscheiden, wie so oft in anderen Regelwerken. Zu fast allem gibt es eine gelungene, farbenfrohe Illustration.
Die Raumschiffe erhält ein Charakter durch eine besondere Gabe. Sie haben eine Handvoll Regelwerten, die gut gewählt sind. Auch hier gilt wieder: wenig aber vielfältig! Auch zu jedem Schiff gibt es ein hübsches Bildchen.
Danach gibt es noch ein Abenteuer, welches einen guten Einblick darin gibt, wie sich der Autor das Spiel vorstellt. Das Abenteuer ist flüssig geschrieben. Es verlangt einiges an Improvisation (nur Mut!); man könnte anders herum auch sagen: es gibt dem Spielleiter und den Spielern viel Freiraum. Ich denke, es ist ein guter Start von dem aus man sich weiter in die Richtung bewegen kann, die einem gefällt.
Abschließend kommen noch ein paar Abenteuerideen, die teils interessant, teils aber auch etwas erzwungen sind. Im Verhältnis zu den vorherigen Ideen im Buch eher durchwachsen, wie ich finde.
Im Anhang findet sich dann noch ein Teaser einer RAD-Geschichte von André Wiesler sowie das Charakterblatt und ein brauchbarer Index.
Das Rezensionsexmplar wurde freundlicher Weise von der Ulisses Medien & Spiel Distribution GmbH zur Verfügung gestellt.
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